David Lee

Früher mal cool

Switel ME 10

Unser investigativer Journalist berichtet live von der bürointernen Müllhalde. Heute mit einer Lobpreisung einfältiger Telefone.

(erschienen auf DigitalLiving.ch, 12.7.2011)

Heute aus unserem nie versiegenden Brunnen des vergessenen Elektroschrotts: das Switel ME 10. Eines der einfachsten Mobiltelefone überhaupt. Das Gegenteil von einem Smartphone: ein Dumbphone.

Kollegin Gaby Salvisberg hat das Gerät vor einiger Zeit für den PCtipp getestet. Ihre Begeisterung hielt sich in Grenzen. Ich aber bin ein bekennender Fan von Dumbphones. Ich finde diese Telefone nicht nur praktisch, zweckdienlich und günstig, ich finde auch, dass sie nicht mal schlechter aussehen als die Super-Duper-Lifestyle-Smartphones. Ausserdem schützen sie einen vor vielen Kollateralschäden der digitalen Revolution, etwa dem um sich greifenden Zwang, 24 Stunden am Tag seine Geschäfts-E-Mails abzurufen.

So ist es kein Wunder, dass das ME 10 als eines der dümmsten Telefone aller Zeiten mein Herz spontan höher schlagen lässt. Es ist ein durch und durch ehrliches und solides Produkt. Hier wird ausnahmsweise einmal nicht versucht, uns Dinge anzudrehen, die wir nicht brauchen, für Geld, das wir nicht haben, um Leuten zu imponieren, die wir nicht mögen. Und wer das ME 10 als Senioren-Handy bezeichnet, dessen iPhone bezeichne ich fortan nur noch als Junioren-Handy.

Ist es nicht wunderschön?

Irgendwann stösst allerdings auch der grösste Dumbphone-Fan an seine Schmerzgrenze. Mein persönliches Dumm-Handy Nokia 3109 classic ist für mich noch ausreichend gescheit. Zum Beispiel habe ich unlängst (nach Jahren) per Zufall herausgefunden, dass man damit sogar JPEGs bearbeiten kann, obwohl das Handy nicht mal eine Kamera hat. Man könnte, wenn es sein müsste, Mails mit Anhang versenden, Bluetooth-Headsets nutzen, Musik und Videos abspielen, Spiele herunterladen, ein selbstgebasteltes Hintergrundbild einsetzen oder eigene Audioaufnahmen als Klingelton verwenden (Die Aufnahmequalität ist übrigens so schlecht, dass diese Klingeltöne automatisch Kultcharakter bekommen.) Beim ME 10 fehlt solcher Schnickschnack weitgehend. Ich hätte auf Dauer dann doch etwas Mühe mit dieser totalen Funktions-Askese.

Nokia 3109 classic - ein recht kluges Dumbphone

Eindeutig jenseits besagter Schmerzgrenze liegt für mich John’s Phone: Dieses Handy ist wohl speziell für jene Minderheit konzipiert, die alles Moderne ganz grundsätzlich und prinzipiell hasst. Das Display an der Oberseite bietet nur gerade Platz für eine Telefonnummer, folglich kann man auch keine SMS schreiben und empfangen. Dafür ist ein Kugelschreiber und ein Papiernotizblock integriert.

John’s Phone

Wir geben natürlich die Hoffnung nicht auf, in dieser Serie doch noch ein Gerät an unsere Leser entsorgen zu können: Das Switel ME 10 gehört dem ersten Interessierten (Kommentarfunktion benutzen). Das Nokia geb ich unter keinen Umständen her. John ’s Phone dagegen ist theoretisch käuflich, aber zumindest Onlinehändler Brack hat es nicht ins Sortiment genommen, weil es zu teuer sei – gemessen am Leistungsumfang.