David Lee

Früher mal cool

Elektroschrott des Tages: Numeric Keyboard

(erschienen auf DigitalLiving.ch, 09.08.2011)

Unser investigativer Journalist halluziniert live von der bürointernen Müllhalde. Heute mit einer frei erfundenen Geschichte zum Bakker Elkhuizen Numeric Keyboard S840.

Kein Zweifel: Was ich da vor mir habe, ist ein Taschenrechner aus dem Hause Bakker Elkhuizen. Mit LCD-Zeile und den typischen Memory-Tasten. Der Taschenrechner, den man auch Tischrechner nennen könnte, passt zwar nicht in eine Hosentasche – aber für solche Fälle gibt ja auch Eishockey- oder gar Damenhandtaschen. Auf Firlefanz wie Wurzelziehen, Prozentrechnung oder Plusminustaste wurde zugunsten einer Doppelnull-Taste sowie einer Num-Lock-Taste verzichtet. Num-Lock? Kein Zweifel: Was ich da vor mir habe, ist ein Zahlenblock einer PC-Tastatur ohne PC-Tastatur. Auch. Es ist halt eben beides, ein richtiges Multifunktionsgerät!

Genial: Schliesst man den Taschenrechner per USB an einen PC an, lädt sich sein Akku auf. So kann man ihn später wieder ohne PC verwenden. Noch genialer: Drückt man die Send-Taste, erscheint auf dem PC-Bildschirm die gleiche Zahl wie auf dem LCD des Numeric Keyboards. Und das genialste: Jede Zahl, die man da reintippt, erscheint ebenfalls auf dem Bildschirm.

Sagen Sie nicht, dass das unnütz ist. Es gibt ganz alltägliche Situationen, in denen man unbedingt ein Numeric Keyboard braucht. Ich habe mir dazu folgendes Szenario ausgedacht:

Herr Nötzli wird von seinem Arbeitgeber, der im Finanzdienstleistungsbereich anzusiedeln ist, gezwungen, auf einem Business-Notebook zu arbeiten. Sein geliebter Desktop-PC wird ihm zusammen mit seinem Schreibtisch weggenommen. Von nun an arbeitet jeder Angestellte (ausser die Chefs) mobil, das heisst, Nötzli muss sich irgendwo an ein freies Plätzchen zwängen und dort sein Notebook aufklappen. Natürlich ist das eine sehr dumme Idee, da Nötzli nun keinen Zahlenblock mehr zur Verfügung hat, aber trotzdem weiterhin den ganzen Tag Zahlen in Excel-Tabellen eintragen muss. Aber was interessiert die Führungsetage die Probleme eines simplen Sachbearbeiters, der auch niemals gegen hirnrissige Entscheide aufbegehren würde.

Herr Nötzli könnte nun in einem Akt totaler Subversivität sich selbst ein USB-Keyboard zulegen und das Notebook daran anschliessen. Aber er fürchtet, dass ihm dies als Provokation ausgelegt und er sofort seinen Job verlieren würde. Ausserdem leidet Nötzli an einem Hygienefimmel, weshalb ihm eigentlich die Notebook-Tastatur lieber ist. Die ist nämlich bei Nichtgebrauch zugedeckt und vor Staub und Bakterien geschützt.

Also schliesst Nötzli einen gutschweizerischen, aber auch sehr mutigen Kompromiss: er kauft sich nur einen Teil einer Tastatur. Eben den Zahlenblock. Der hat nämlich auch noch eine Schutzhülle, sodass Bakterien, Viren, Fliegendreck und anderes Ungeziefer aussen vor bleiben. Ausserdem ist dieser Zahlenblock als unverdächtiger Taschenrechner getarnt. Nötzli würde damit bei seinem Chef zwar einen altmodischen, nicht aber einen aufmüpfigen Eindruck erwecken.

Einen Monat später erhält Nötzli zwar wegen Restrukturierungsmassnahmen trotzdem die Kündigung, aber das hat ja mit dem Zahlenblock nichts zu tun. Sie sehen: so was kann man immer brauchen.

Wer will?