David Lee

Früher mal cool

Elektroschrott des Monats: Kenwood Combi 802

April 2015

Mit meiner jetzigen Wohnung habe ich auch eine Waschmaschine übernommen. Genau genommen handelt es sich um eine Kombination aus Tumbler und Waschmaschine. Das Metall in der Türe lässt sich umkehren. Wenn die gelochte Seite innen ist, kann man mit dieser Türe die Waschmaschine heizen, das nennt sich dann Tumbler. Ich vermeide diese Energieverschwendung wann immer möglich, darum ist es für mich einfach eine Waschmaschine.

Das Ding hat eine Drehtür.

Waschmaschinen gelten nicht gerade als die ultimativ coolen Gadgets. Völlig zu unrecht. Apple beispielsweise wäre besser ins Weisswarenbusiness eingestiegen statt sich mit so einer snobistischen Uhr der Lächerlichkeit preis zu geben. (Apple Wash statt Apple Watch – dazu weiter unten mehr.) Der Waschmaschine gebührt nur schon deshalb Ehre, weil sie – zusammen mit der Anti-Baby-Pille – die technischen Voraussetzungen für die Frauenemanzipation schuf. Man kann sich ja schlecht ins gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Leben einmischen, wenn man den ganzen Tag Wäsche von Hand waschen und Kinder stillen muss.

Meine Maschine stammt aus jener Zeit, als es schon EmanzInnen, aber offenbar noch keine Energielabels gab (zumindest nicht in der Schweiz, welche ja nicht zu Europa gehört), dafür Telefonnummern mit 01-Vorwahl für den Raum Zürich (Aufkleber vom Servicefachmann). Die wurden 2004 durch 044 ersetzt. Die Waschmaschine ist sehr laut, was etwas unglücklich ist, da sie in der Wohnung steht. Dafür wäscht sie innert nützlicher Frist (45-60 Minuten), während manche moderne Modelle geschlagene drei Stunden für einen Waschgang brauchen.

Was die Waschmaschine im Innersten zusammenhält: Der Riemen.

Ich habe die Rückwand aus Blech abgeschraubt und herausgeboingt, so dass ich erkenne, was die Waschmaschine im Innersten zusammenhält. Da ist unten ein Elektromotor, nicht ganz so stark wie der im Tesla S, aber doch eindrücklich. Der Motor treibt über einen Riemen das grosse Rad und damit die Trommel an. Nach unten ist die Waschmaschine offen, ähnlich wie das Niveau von Blick am Abend. Das erklärt vielleicht teilweise den Lärm und den Dreck, der sich innen und aussen ansammelt.

Die Waschmaschine selbst müsste auch mal gewaschen werden.

Die Maschine hat schon zwei Mal beim Waschen fürchterlich gequietscht, beide Male ist das von selbst wieder verschwunden. Beim Blick ins Innere konnte ich nichts Verdächtiges erkennen.

Am Boden des Badezimmers ist eine Metall-Laufschiene festgeklebt, damit die Waschmaschine darauf im Schleudergang hin- und herrollen kann. Mir ist ein Rätsel, wieso die Maschine nicht über das Ende hinauswandert. Mir ist ebenso ein Rätsel, wie ich diese Schiene abmontiere, wenn ich die Maschine ersetzen will oder muss. Drum bin ich im Moment froh, dass sie noch ein wenig weiter läuft.

Also hege und pflege ich das Gerät, wie es sich für einen Oldtimer gehört. Ausgefahren wird nur sonntags bei schönem Wetter. Anfangs war das nicht so. Als ahnungsloser N00b auf dem Gebiet der Waschmaschinentechnik musste ich mich erst schlau machen, warum es immer so miefte, wenn ich wusch. Die Maschine war ganz einfach verschmutzt und musste durchgeputzt werden. Dazu hilft ein Waschgang mit 95 Grad: Zwei Hände voll Kalkablagerungen flutschten aus dem Abflussrohr, um die sich übel riechender Müll angesammelt hatte. Ausserdem entschimmelte ich das Spülfach, die Laugenpumpe und den Gummiverschluss bei der Tür. Ich liess fortan die Tür und das Spülfach offen, damit es austrocknet und sich nicht neuer Schimmel ansammelt. Das Waschmittel kann man auch direkt in die Trommel geben, das Spülfach ist voll für nichts. Ich freute mich, dass Ratschläge aus Internetforen ausnahmsweise mal hilfreich waren.

Low-Tech vom Feinsten.

Apropos moderne Waschmaschinen. Apple könnte natürlich eine Apple Wash lancieren, von mir aus mit vergoldeter Trommel, aber vor allem mit einer aufgemotzten Version von Siri. Das wäre der Startschuss für das Szenario, das Stanislaw Lem 1971 in «Die Waschmaschinentragödie» beschrieben hat. In dieser Science Fiction ist die Waschmaschinenentwicklung so weit fortgeschritten, dass die Maschinen eigentlich alles Nötige perfekt können – also so wie heute. Die Konzerne innovieren aber munter weiter vor sich hin, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Bald sind die Geräte in der Lage, vierzeilige Gedichte auf die Wäsche zu sticken, sich mit dem Besitzer zu unterhalten oder auch gleich die Rolle des LebenspartnersIn (crap pun intended) zu dienen. Mit menschlichem Äusseren, Inteligenz und mit eigenem Willen ausgestattet, unterwandern sie allerdings schnell das System und bilden marodierende Strassenbanden. Es tun sich zahlreiche Fragen auf, ob und wie Waschmaschinen als juristische Subjekte behandelt werden können. Irgendwann stellt sich heraus, dass ein Senator, der ein Gesetz zur Einschränkung der Freiheiten von Waschmaschinen verhindert hatte, selbst eine Waschmaschine ist. Weitere Gerichtsverhandlungen, die in Sachen Absurdität sogar diejenigen zwischen Apple und Samsung spielend übertreffen, enden mit einer Metalldetektoruntersuchung, bei der alle Beteiligten als Waschmaschinen auffliegen. Das versteht man dann aber nur, wenn man aus dem selben Buch («Sterntagebücher») die «elfte Reise» gelesen hat, wo so nebenbei erklärt wird, wie totalitäre Systeme funktionieren ...

Da lob ich mir doch mein altes Modell, das nur das tut, was man programmiert. Auf alten Maschinen lernt man waschen!